Es liegt in der Natur der Sache, dass man so manchem Kryptiden übernatürliche Eigenschaften nachsagt, welche sich mit unserem bisherigen biologischen Wissen nicht vereinbaren lassen. Dies ist an sich selbst aber nicht weiter verwunderlich, überraschen uns doch fast täglich alleine die uns als vertraut vorkommenden Tiere immer wieder mit neuen Eigenschaften, die man diesen gar nicht zugetraut hätte. Egal ob Regenwurm oder Elefant, Qualle oder Wal, wir entdecken ständig neue Fähigkeiten und Talente in der Tierwelt. Auch wenn es den Anschein haben mag, dass wir unsere Tierwelt mittlerweile sehr gut kennen und deren Fähigkeiten einschätzen können, belehrt uns die Natur ständig eines Besseren. Vielmehr ist es so, dass wir zwar eine gewisse Menge an Tierarten kennen, jedoch bei den Allermeisten nur sehr wenig über deren Leben wissen.
Wie mag dies aber erst recht bei Tieren aussehen, die sich bislang erfolgreich vor der wissenschaftlichen Entdeckung verbergen konnten, vielleicht sogar aufgrund ihrer ganz speziellen Fähigkeiten? Oder Fähigkeiten von Tieren, die wir gar nicht mehr wissenschaftlich erforschen und entdecken konnten, weil diese bereits vom Menschen ausgerottet wurden? Es ist doch gerade so, dass man gerade solche Tiere bevorzugt verfolgt hatte, welche besondere Eigenschaften aufzuweisen hatten. Wie viele Arten haben die Nachstellungen durch den Menschen in den letzten Jahrtausenden erst gar nicht überlebt, eben weil deren besondere Eigenschaften diese entweder für den Menschen besonders attraktiv oder besonders bedrohlich wirken ließen?
Doch dies soll an dieser Stelle nur eine kleine Einführung bleiben, die zum Nachdenken anregen sollte. Vielmehr möchte ich hier kurz auf etwas eingehen, was aufbauend auf den Beschreibungen solcher fantastischer Eigenschaften dazu führte, dass manche Leute diverse Kryptiden mit Paranormalem, Verschwörungstheorien und Außerirdischen in Verbindung brachten. Hier muss man klar feststellen, dass dieses Vorgehen definitiv nichts mit der kryptozoologischen Thematik zu tun hat und einen Grenzbereich zur Kryptozoologie darstellt. Vielmehr sind es gerade diese Zusammenfassungen, welche für die ernsthafte Kryptozoologie ein erhebliches Imageproblem darstellen.
Phänomene, Mysterien, Verschwörungen und ähnliches sind natürlich populäre Themen, was man an den Verkaufszahlen und Publikationen in diesen Bereichen ersehen kann. Vielfach wird in den Medien, im Internet oder im allgemeinen Gedankengut die Kryptozoologie mit diesen Themen in Verbindung gesetzt und der Eindruck hervorgebracht, es handle sich um unirdische oder paranormale Zoologie. Kryptozoologie ist jedoch keineswegs eine „arkane oder okkulte Zoologie“, wie bereits Bernard Heuvelmans feststellte. Theorien über paranormale Eigenschaften oder Erklärungen, die vor allem in den Jahren zwischen 1970 und 1980 für einige Kryptiden aufgestellt wurden, basieren in der Regel nur auf unzulänglichen Kenntnissen und Datenauswertungen. Die Kryptozoologie ist im Rahmen der anerkannten Natur- und Geisteswissenschaften einzig und allein auf der Suche nach möglicherweise existierenden Tieren, nicht jedoch darauf bedacht Geister oder Aliens aufzuspüren.
Dennoch wird es immer wieder Menschen geben, die besonders auffällige Kryptiden mit überirdischen Eigenschaften in Verbindung bringen werden.
Um hier eine Abgrenzung zur Kryptozoologie zu schaffen, wurde der spezielle Fachbereich Forteanische Zoologie (engl. Fortean Zoology) geschaffen, welcher auf den Studien von Charles Fort beruht. Charles Fort (1874-1932) war ein amerikanischer Autor und ein Pionier der Erforschung unerklärlicher Phänomene, darunter auch diverser Phänomene, welche man mit Kryptiden in Verbindung bringt. Heute wird sein Werk von verschiedenen Gruppen und Institutionen fortgeführt, z.B. von der seit 1973 erscheinenden Fortean Times oder dem britischen Centre for Fortean Zoology.
Die Forteanische Zoologie ist zwar eng mit der Kryptozoologie verwandt, jedoch werden hier keine zoologischen Beweise und Grundlagen berücksichtigt. Vielmehr sucht man Lösungen und Erklärungen mit anderen Phänomenen, wie etwa Geistern, Verschwörungstheorien oder Außerirdischen in Einklang zu bringen. Die Kryptozoologie indes ist wie gesagt lediglich am Nachweis von möglicherweise real existierenden und biologisch existenten Tieren interessiert, auch wenn man als Ausgangspunkt einer kryptozoologischen Ermittlung auf mythologisches und ethnologisches Datenmaterial zurückgreift.
Die Kryptozoologie schließt zwar die Möglichkeit der Existenz von bislang als paranormal geltenden Fähigkeiten nicht aus, ist aber lediglich am Nachweis real existenter biologischer Wesen interessiert.
Quelle: Michael Schneider: Auf der Spur des Unbekannten, 1999