Die Erde erbebt unter mächtigen Schritten, Menschen fliehen in wilder Panik und ganze Städte werden dem Erdboden gleichgemacht. Dies alles geschieht durch ein gewaltiges Ungetüm, welches wie eine postapokalyptische Vision eines Dinosauriers aussieht und dessen Ausmaße gewaltig sind. Der Name dieses Ungetüms: GODZILLA
Wohl jeder hat schon einmal von diesem japanischen Filmmonster gehört oder kennt mindestens einen Film des erfolgreichsten Filmmonsters aller Zeiten. Mit weit mehr als 25 japanischen Produktionen und einer amerikanischen Version von Erfolgsregisseur Roland Emmerich bricht Godzilla somit alle Rekorde in der Zahl der Auftritte als reines Monster.
Das Godzilla ein Filmmonster ist steht wohl außer Frage. Jedoch ist um dieses Monster eine Legende entstanden, welche auf einen wahren Kern hinter Godzilla hinzuweisen scheint. Hierzu sollte man erwähnen, das Godzilla im Grunde genommen nur eine Interpretation seines japanischen Namens ist, welche sich beim Import des Films für das amerikanische Publikum eingebürgert hat, da man den Originalnamen nicht für einprägsam und zu schwierig hielt. So wurde aus dem japanischen Original Gojira kurzerhand der in westlicher Welt verbreitete Name Godzilla.
Dieses Monster war so erfolgreich, das schon bald erste Legenden um die Herkunft des Monsters entstanden, so dass dieses einen festen Platz in der Legendenwelt erhielt. Im Internet und einigen anderen Veröffentlichungen findet man so z.B. die Geschichte, dass der Godzilla im Film auf einer wahren Gestalt beruhen soll, vor welcher japanische Fischer seit Jahrhunderten Angst haben. Dieser Gojira soll ein gewaltiges Ungeheuer aus den Tiefen der Meere sein, welches einfach Fischerboote angreift und diese mitsamt der Besatzung in die Tiefe zieht. Das sich diese Legende verbreitete ist auch nicht weiter verwunderlich, da dies in etwa die Grundgeschichte hinter den Godzilla-Filmen darstellt und dies auch Ansatzweise in den Filmen behauptet wird. Dieser „Ur-Godzilla“, jenes bösartige Meereswesen „Gojira“, war demnach der Namensgeber für das durch radioaktive Verstrahlung entstandene Monster der Filmreihe. Doch was steckt tatsächlich hinter der Legende des Filmmonsters Godzilla? Um dies zu erörtern, werfen wir einen Blick auf die tatsächliche Entstehungsgeschichte von Godzilla.
Im Jahr 1954, knapp neun Jahre nach den Atombombenangriffen auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki, wurde Japan ein zweites Mal mit dem nuklearen Albtraum konfrontiert: Das japanische Fischerboot „Fukuryu Maru“ (Glücklicher Drache) kam damals während einer Fangfahrt vom Kurs ab und verirrte sich in die Nähe des Bikini-Atolls im Pazifik, wo gerade die berüchtigten Bravo-Atombombentests des amerikanischen Militärs stattfanden. Einige Tage später kehrten die Fischer in ihre Heimat Japan zurück und wiesen mysteriöse Krankheitssymptome auf. Einer der Fischer starb kurz nach der Einweisung in ein Krankenhaus auf qualvolle Art und Weise. Während die westlichen Medien diesen Vorfall fast gänzlich verschwiegen, sorgte der „Fukuryu Maru-Vorfall“ in Japan für eine regelrechte Massenhysterie. Die japanische Presse sprach vom „zweiten Atombombenangriff in der Geschichte der Menschheit“ und schürte somit den alten und tiefen Hass auf die Amerikaner wieder an. Schließlich verbot die japanische Regierung die Auslieferung aller in diesem Gebiet gefangenen Fische. Mit Recht befürchte das Gesundheitsministerium, dass alle Meerestiere aus diesem Testgebiet hochgradig radioaktiv verseucht sein könnten.
Der Filmproduzent Tomoyuki Tanaka erkannte als erster das gewaltige kommerzielle Potential dieser dramatischen Ereignisse. Er schlug den als äußerst flexibel geltenden TOHO-Studios vor eine gruselige Katastrophengeschichte zu entwickeln, welche auf diesem Vorfall basieren sollte. Tanaka schwebte eine Produktion vor, welche Elemente aus dem legendären Abenteuerfilm 20.000 Meilen unter dem Meer und dem Monster-Spektakel von Ray Harryhausen Panik in New York enthielt, welche im Jahr zuvor in Amerika die Kinokassen kräftigen klingeln ließen. Die TOHO-Bosse waren von der Idee begeistert und gaben grünes Licht für diese Produktion. Tanakas Titelvorschlag für den Film lautete The giant Monster from 20.000 Miles under the Sea, angelehnt an die beiden Produktionen, welche ihm als Vorlage vorschwebten. Für eine erste Fassung der Geschichte engagierte Tanaka den Science Fiction-Autoren Shigeru Kayama, welcher innerhalb weniger Tage eine Geschichte mit dem kurzen Titel „G“ („G“ für „Giant“ = der „Riese“) ablieferte. Der Anfangs geplante Regisseur Senkichi Taniguchi weigerte sich jedoch diesen Film zu drehen. Durch Zufall stellte sich zu dieser Zeit der Regie-Newcomer Inoshira Honda bei TOHO vor und war von dem Konzept begeistert. Er hatte große Pläne mit der „G“-Idee und somit schlug die Geburtsstunde des späteren Monsters.
Honda arbeitete sofort mit dem Autoren Takeo Murata an einer Drehbuchfassung der Geschichte um „G“. Nach einigen Tagen standen dann endlich inhaltliche Eckpfeiler für den Film fest, welche Honda schließlich auch in seinen einbaute. Ein gigantisches Monster wird durch radioaktive Bestrahlung erweckt und greift die Millionenstadt Tokio an. Der Name für das Monster wurde auch recht schnell gefunden, aber nicht, wie man später gerne aufführte, aus einer alten Legende der Fischer, sondern ganz willkürlich. Ein etwas dickerer Mitarbeiter der Marketing-Abteilung der TOHO-Studios wurde von seinen Mitarbeitern boshafterweise Gojira genannt, ein Wortspiel aus den japanischen Worten für „Gorilla“ und „Wal“. Honda gefiel diese Bezeichnung so gut, dass er sich entschloss sein Filmmonster ebenso zu benennen.
Die Dreharbeiten zogen sich sehr zum Ärger der TOHO-Bosse in die Länge, was natürlich mit erheblichen Kosten verbunden war. Um etwas Geld in die Kasse zu bekommen, produzierten diese nebenbei, ohne Hondas Einverständnis, eine Serie aus fünf Hörspielen für das Radio mit Gojira. Als Hondas Film endlich fertiggestellt war, hatte dieser durch die Hörspiele bereits eine sehr große Fangemeinde. Trotzdem war die Produktion für das Studio ein extremes Wagnis, denn immerhin spielte der Film ja auch direkt auf die Zerstörung der Städte Hiroshima und Nagasaki durch Kernwaffen an, was bis zu diesem Zeitpunkt in Japan ein absolutes Tabu-Thema war. Das Wagnis zahlte sich jedoch aus und Godzilla, wie man ihn im Ausland nannte, wurde zum zweiterfolgreichsten japanischen Film aller Zeiten, nur Kurosawas Meisterwerk Die sieben Samurai spielte ehemals mehr Geld ein.
Die Legende um Godzilla entstand im Laufe der Jahre, als immer mehr Nachfolger dieses Klassikers gedreht wurden. Somit ist Godzilla nichts weiter als ein modernes Fabelwesen. Jedoch sollte man erwähnen, dass es nicht auszuschließen ist, dass sich eines Tages wirklich durch radioaktive Mutationen gefährliche Wesen entwickeln können. Dies wären dann allerdings real existierende Erben von Godzilla – dem japanischen Ungetüm.
Autor: Michael Schneider
Verwendete Quellen:
Gernot Gricksch, Godzilla, 1998