Rund siebenundzwanzig Kilometer vom legendären Steinkreis in Stonehenge (England) entfernt, liegt in der Grafschaft Wiltshire ein weiteres Rätsel aus längst vergangenen Zeiten. Der Silbury Hill ist mit siebenunddreißig Meter Höhe und einhundertsiebenundsechzig Meter Durchmesser der größte prähistorische von Menschen gefertigte künstliche Hügel in Europa, der etwa um 2600 v. Chr. unter gewaltigen Anstrengungen errichtet wurde. Sein eigentlicher Zweck und seine Funktion sind bis heute rätselhaft.
Laut Legende erhielt dieser künstliche Hügel seinen Namen nach König Sil, für dessen Leichnam dieser Hügel als Grab aufgeschüttet wurde. Laut dieser Legende wurde der König mit allerlei Beigaben auf ein Pferd aus purem Gold gesetzt und zu seinem Schutz dieser rund vierzig Meter hohe Grabhügel über ihm errichtet. Die Arbeit an diesem künstlichen Hügel wurde mit größter Sorgfalt ausgeführt. Auf einer rund zwei Hektar großen Fläche legten die Erbauer einen stufenförmigen Berg an, der im Grunde genommen an den Aufbau einer Hochzeitstorte erinnerte. Anschließend wurden seine Seiten mit Erde aufgefüllt und geglättet. Aufgrund des Volumens des Berges errechnete man, dass die Erbauer etwa sechsunddreißig Millionen Körbe voll Erde für dieses Monument aufschütteten. Geht man von fünfhundert Arbeitern aus, so müssten diese etwa fünfzehn Jahre oder länger an diesem Berg gearbeitet haben. Abgesehen von der alten Legende des König Sil ist nichts über die Erbauer bekannt.
Obwohl in der alten Überlieferung von diesen wertvollen Grabbeigaben und dem goldenen Pferd erzählt wird, die unter diesem Hügel verborgen liegen sollen, blieb dieses Monument bis in die moderne Zeit unberührt. Zweifellos wurden die meisten Diebe von den gewaltigen Erdmassen abgeschreckt, die sie durchdringen und abtragen mussten, um an den sagenhaften Schatz zu gelangen. Erst im Jahre 1776 wurde ein erster Stollen am Fuß des Hügels in den Berg getrieben, jedoch fand man keine Spur von König Sil oder seinem goldenen Pferd. Ein weiteres Unternehmen im Jahr 1849 trieb einen Tunnel durch dieses Monument, ebenfalls ohne vorzuweisende Ergebnisse. Einer der letzten Versuche in diesem Hügel einen Fund zu machen wurde im Jahre 1968 unternommen. Hierzu wurde ebenfalls ein Tunnel in das Monument getrieben und verschiedene Bohrungen und Sondierungen vorgenommen. Auch diese Aktion lieferte keinen Fund oder konkrete Hinweise auf die Erbauer oder den Zweck dieses Hügels.
Um hinter das Rätsel dieses gewaltigen Hügels oder die Motive seiner Erbauer zu gelangen, wurden verschiedene Theorien ersonnen. Manche Archäologen vermuten hinter diesem Monument eine gewaltige Sonnenuhr oder ein Observatorium. Jedoch konnte keine direkte Verbindung zu solch einer Annahme nachgewiesen werden. Andere halten diesen Hügel für das Abbild eines gewaltigen Auges oder für ein Denkmal zu Ehren einer längst vergessenen Gottheit. Auch zu diesen oder ähnlichen Thesen fehlen jegliche Beweise und Hinweise. Bis jetzt allerdings gab der Silbury Hill nicht mehr über seinen Zweck oder seine Erbauer preis, als die Tatsache, dass diese vor etwa 4500 Jahren eine gewaltige Leistung vollbrachten – und dies ohne bekannte technische Hilfsmittel.
Autor: Michael Schneider
Quelle: Der einsame Schütze – 04/2003