Die Rache des Geistertigers

Wenn man von Geistern redet, denken wohl die meisten Menschen vor allem an Geister in Menschengestalt, bzw. menschliche Geistererscheinungen. Doch sind Spuk- und Geisterphänomene nicht nur auf den Menschen bezogen, auch Tiere erscheinen oftmals als Geistererscheinung oder gar als Spuk. Meist handelt es sich um Haustiere, die im Umfeld ihres bisherigen Lebens auftreten, aber auch Pferde, Rinder und Wildtiere treten immer wieder als Geister- und Spukerscheinungen auf.

Ein besonders tragisches und bedrohliches Ereignis mit einem Geistertiger schilderte der britische Schriftsteller und Geisterjäger Elliot O’Donnell in seinen Büchern. Dieses Ereignis, auf das sich O’Donnell bezieht, soll sich um die Jahrhundertwende vom 19. ins 20. Jahrhundert in Indien zugetragen haben.

Ein Bekannter von O’Donnell, der als britischer Militärangehöriger jahrelang in Indien lebte und der von O’Donnell als Colonel De Silva benannt wird, erzählte O’Donnell jene Ereignisse, die sich dort auf erschreckende Weise abgespielt haben sollen.

Colonel De Silva war Offizier der britischen Kolonialtruppen in Indien und verbrachte dort, wie bereits erwähnt, mehrere Jahre seines Lebens im aktiven Dienst für die englische Krone. Eines Tages wurde De Silva Zeuge, als ein großer menschenfressender Tiger, der seit einiger Zeit einen Landstrich unsicher machte, über einen Leprakranken herfiel und diesen schwer verwundete. De Silva stand in diesem Moment völlig fassungslos da und musste hilflos mit ansehen, wie der Tiger über den Leprakranken herfiel. Schließlich ließ der Tiger vom Leprakranken ab und konnte vertrieben werden. Der sterbende Mann jedoch verfluchte De Silva und dessen Familie, da er ihm nicht zu Hilfe geeilt war. Kurze Zeit nach diesem Angriff endeten die Angriffe des mörderischen Tigers und man ging allgemein davon aus, dass dieser Menschenfresser im Dschungel verendet war.

Etwa ein Jahr später kamen erneut Gerüchte auf, dass ein gewaltiger Tiger in der Region aufgetaucht sei und wieder Menschen tötete. Diese Gerüchte wurden schon bald erhärtet und schließlich bestätigten sich diese, als immer mehr Menschen Opfer der Bestie wurden. Unerklärlicherweise erkrankten alle Personen, die den Angriff des Tigers überlebten und nur verwundet wurden, an Lepra, worauf die einheimische Bevölkerung vermutete, dass sich der Geist des toten Leprakranken mit dem Tiger verbündet haben müsse. Schließlich begab sich De Silva auf die Jagd nach dem Menschenfresser und konnte diesen auch erlegen, womit er diesen Fall für abgeschlossen hielt.

Doch nur kurze Zeit später sollte er nochmals von dieser Bestie heimgesucht werden. Er erblickte jenen Tiger abermals, als sich dieser gerade an seine Frau, seinen Sohn, sowie an das Kindermädchen heranschlich. De Silva überlegte in diesem Moment nicht lange, erhob sein Gewehr und feuerte auf den Tiger. „Wenn er von dieser Welt war, dann musste ich ihn töten, war er ein Gespenst, dann dematerialisierte er sich vielleicht, wenn meine Büchse loskrachte“, erinnerte sich De Silva später. Gerade als sich das Tier im Sprung befand, feuerte der Colonel. Noch während des Schusses verschwand das Tier spurlos. Das Kindermädchen jedoch erlitt bei diesem Anblick einen tödlichen Schock und verstarb am Ort des Geschehens. Seine Frau erlitt zwar einen Schreck, blieb aber unverletzt. Sein kleiner Sohn jedoch hatte einen Kratzer von der Pranke des Tigers abbekommen, der sich über seine Wange zog. Ansonsten schien der Knabe jedoch unverletzt zu sein. Dieser Kratzer sollte aber nicht ohne Folgen bleiben. Der Junge erkrankte daraufhin an Lepra und verstarb ebenfalls.

Der mysteriöse Geistertiger jedoch erschien nie wieder, nachdem De Silva seinen geliebten Sohn verloren hatte. Hatte dieses Ereignis jenen Fluch des leprakranken Mannes erfüllt?

Fakt ist, dass es in Indien ehemals viele Menschfresser gab, Tiger, die zu alt, schwach oder auch verletzt waren, um noch aktiv zu jagen. Menschen sind für diese gewaltigen Großkatzen hingegen eine leichte und langsame Beute, auch wenn diese im Normalfall nicht zum Speiseplan eines Tigers gehören. In Indien war es also nichts ungewöhnliches, wenn die Menschen Angst vor solchen Menschenfressern hatten, bis diese erlegt wurden. Auch Lepra war in Indien weit verbreitet. Lepra ist eine Infektionskrankheit, die durch den Erreger Mycobacterium leprae ausgelöst wird, die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Theoretisch kann also auch ein Tiger zum Überträger werden, wenn dieser mit dem Blut eines Leprakranken in Kontakt kam. Ob die Erzählung, die Elliott O’Donnell wiedergibt, tatsächlich so stattfand, ist jedoch nicht gesichert und nachprüfbar. Aber eine faszinierende Geistergeschichte.

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